Reizüberflutung entsteht, wenn du dich von äußeren Einflüssen überfordert fühlst. Woher dieses Gefühl kommt, wie du Reizüberflutung erkennst und was du ihr entgegensetzen kannst, erfährst du in diesem Artikel.
Reizüberflutung ist der umgangssprachliche Begriff dafür, wenn ein Mensch besonders vielen Umwelteindrücken gleichzeitig ausgesetzt ist. In der Regel handelt es sich dabei um akustische oder visuelle Reize. Neben dem Seh- und dem Hörsinn können aber grundsätzlich auch alle anderen menschlichen Sinne betroffen sein, zum Beispiel der Geschmacks- oder der Tastsinn.
Beispielsweise können laute Geräusche wie Verkehrslärm oder überlappenden Gespräche eine akustische Reizüberflutung auslösen. Optische Eindrücke, die überreizend wirken können, sind grelle Lichter, schnelle Bewegungsabläufe oder viele Farben.
Oft führt auch eine Kombination von akustischen und optischen Eindrücken zu einer Reizüberflutung. Das kann beispielsweise bei Medien vorkommen, die Bild, Ton und Bewegung miteinander verbinden – wie etwa ein Film. Auch mehrere Medien gleichzeitig zu nutzen und sich zum Beispiel am Smartphone zu beschäftigen, während im Hintergrund der Fernseher läuft, kann reizüberflutend wirken. Das legt eine aktuelle Studie aus 2020 nahe, die die Auswirkungen dieser Art von „Medien-Multitasking“ untersucht hat.
Reizüberflutung: Ein individuelles Problem
Reizüberflutung wirkt sich nicht auf jeden Menschen gleich aus. Besonders hochsensible Menschen können darunter leiden, weil ihre Sinneswahrnehmung erhöht ist und sie Umweltreize intensiver wahrnehmen. Dadurch verstärken sich sowohl positive als auch negative Eindrücke.
Generell ist die Toleranzgrenze gegenüber Reizüberflutung von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Reize, die eine Person vielleicht gar nicht wahrnimmt oder schlimmstenfalls als leicht unangenehm empfindet, können für eine andere Person kaum zu ertragen sein.
Wie Hochsensibilität selbst ist die damit oft einhergehende Reizüberflutung wissenschaftlich noch unzureichend erforscht. Die Diplom-Psychologin Dr. Sandra Konrad weist im Gespräch mit der Apotheken-Umschau darauf hin, dass es bisher kein physiologisches Verfahren gibt, um Hochsensibilität festzustellen. Die Forschung gehe davon aus, dass bestimmte Bereiche im Gehirn bei manchen Menschen stärker durch Umweltreize aktiviert würden als bei anderen. Nachgewiesen sei das bislang aber nicht.
Wie äußert sich Reizüberflutung?
Starke und andauernde Reizüberflutung kann nicht nur das allgemeine Wohlbefinden stören, sondern auch der Gesundheit schaden. Als mögliche Symptome gelten etwa:
- Stressgefühl
- Unruhe
- Ängste
- allgemeines Unbehagen
- Überforderung
- Reizbarkeit und Aggression
- Konzentrationsschwäche
- Schlafstörungen
Reizüberflutung durch Lärm, Licht oder Gerüche kann unter anderem auch ein Grund für Migräneanfälle sein. Durch langfristige Reizüberflutung können sich außerdem psychische Krankheiten wie Depressionen oder Angststörungen entwickeln oder verstärken.
Reizüberflutung bei Kindern
Kinder gelten oft als besonders anfällig für Reizüberflutung, weil sie sich noch in der Entwicklung befinden. Viele Eltern machen sich deshalb Sorgen, ob zu viele Umweltreize ihrem Baby oder Kind schaden können. Die Entwicklungspsychologin Sabina Pauen geht tatsächlich davon aus, dass Reizüberflutung „nachhaltige Konsequenzen“ hat. Jüngere Generationen würden durch die frühe Auseinandersetzung mit äußeren Reizen zwar durchaus positive Kompetenzen wie Schnelligkeit und Flexibilität entwickeln. Wichtig für die Entwicklung seien aber auch Phasen der Ruhe. In diesen Phasen könnten Kinder selbst entscheiden, worauf sie sich konzentrieren, statt in ihrer Wahrnehmung von äußeren Eindrücken gelenkt zu werden.
Laut dem Fachportal Medical News Today kann es schwierig sein, Reizüberflutung bei Kindern festzustellen. Sie könne sich zum Beispiel darin äußern, dass Kinder vor bestimmten Situationen davonlaufen, Wutanfälle bekommen oder sich gereizt und unruhig verhalten. Oft würden Eltern solche Reaktionen aber gar nicht mit den auslösenden Faktoren in Verbindung bringen, sondern sie einfach als Trotzmomente oder schlechtes Benehmen verbuchen. Tritt dieses Verhalten jedoch immer wieder in bestimmten Situationen auf, könnten bestimmte Umweltreize der Grund dafür sein. Besonders häufig tritt Reizüberflutung auch bei Kindern mit Autismus, ADHS oder einer posttraumatischen Belastungsstörung auf.
Wenn du den Verdacht hast, dein Kind könnte unter Reizüberflutung leiden, holst du am besten eine professionelle Meinung ein. Ein:e Kinderpsycholog:in kann ihm helfen, mit auslösenden Reizen im Alltag besser zurecht zu kommen.
Reizüberflutung vorbeugen: Das kannst du tun
Die Auslöser für Reizüberflutung sind in der Regel äußere Einflüsse und Umweltbedingungen. Um Überforderung zu vermeiden oder zumindest abzuschwächen, ist es deshalb wichtig, störende Reize zu vermeiden. In einigen Fällen hast du das selbst in der Hand. Stellst du zum Beispiel fest, dass dich dein Medienkonsum überreizt, versuche ihn zu reduzieren. Anregungen dazu bekommst du in diesem Artikel: Digital Detox: 8 Tipps, um bewusst offline zu gehen.
Andere Probleme lassen sich vielleicht weniger leicht beheben – zum Beispiel, wenn du unter einer lauten Nachbarschaft leidest, an einer belebten Straße wohnst oder in einem Großraumbüro arbeitest. Oft kann es schon helfen, Dinge offen anzusprechen, die dich stören. Deinen Nachbar:innen oder Arbeitskolleg:innen ist möglicherweise gar nicht bewusst, dass einige ihrer Verhaltensweisen auf dich reizüberflutend wirken können. Wichtig ist, dass du bei solchen Gesprächen höflich und sachlich bleibst. Sprich das Problem also am besten nicht im Affekt an, sondern zu einem geeigneten Zeitpunkt, wenn du dich gelassen und ruhig fühlst.
Reizüberflutung kann auch durch einen hektischen Lebensstil entstehen. Wenn du dir zu viel vornimmst, gerätst du schnell in Stress und bist mit mehreren Aufgaben gleichzeitig beschäftigt. Auch das wirkt sich überfordernd aus. Mit Meditation oder Achtsamkeitsübungen kannst du lernen, zu entschleunigen und dich bewusster auf einzelne Eindrücke zu konzentrieren, statt dich überfluten zu lassen.