Die Blutegeltherapie gilt als traditionelles Heilverfahren. Was dahinter steckt, wie sie wirkt und ob sie hilft, liest du hier.
Der Ursprung der Blutegeltherapie
Der Blutegel, mit medizinischem Namen Hirudo medicinalis, ist ein Verwandter des Regenwurms und steht unter Artenschutz des Washingtoner Abkommens. In der freien Natur gilt er als gefährdete Art, da viele der Tiere für Behandlungen gesammelt und die Bestände so stark reduziert wurden.
Die Blutegeltherapie ist ein mehr als 2000 Jahre altes traditionelles Heilverfahren in der Medizin und eine häufige Behandlungsmethode für chronische Schmerzsyndrome in der europäischen, arabischen und asiatischen Naturheilkunde. Bereits im alten Ägypten und im mittelalterlichen Europa wurde die Blutegeltherapie angewandt.
Blutegeltherapie: Anwendung, Ablauf und Nebenwirkungen
Dafür wird die Blutegeltherapie angewandt
Blutegel sind meist fünf bis acht Zentimeter lang und wachsen beim Ansetzen auf die zwei- bis dreifache Größe an. Dabei enthält der Speichel des Blutegels entzündungshemmender Stoffe wie Hirudin, die Schmerzen stillen sollen.
Die Blutegeltherapie wird als Alternative zu Operationen bei mehreren Erkrankungen nachweislich erfolgreich angewandt – jedoch wurden bei manche Studien auch methodische Mängel festgestellt:
- Diagnose chronischer unterer Rückenschmerzen
- Gonarthrose
- Venenentzündungen
- Hämatome
- Furunkel
Auch in der Zahnmedizin können Blutegel zur Schmerzlinderung und bei Entzündungen im Mundraum angewandt werden.
Auch Tiere können bei gewissen Beschwerden eine Blutegeltherapie in Anspruch nehmen, zum Beispiel bei:
- Arthritis/Arthrose
- Erkrankungen des Sehnen- und Bänderapparates
- Wirbelsäulenerkrankungen
- Nervenentzündungen
- Muskelverhärtungen
- Ekzeme und Abszesse
- Venen- und Zahnerkrankungen
Die Anwendungsmöglichkeiten bei Mensch und Tier sind also ähnlich.
So läuft die Blutegeltherapie ab
Die Blutegel werden an der betroffenen, meist entzündeten, Stelle angesetzt. Sie schneiden eine kleine Wunde in die Haut und saugen sich mit Blut voll. Das dauert circa ein bis zwei Stunden, bis sie sich vollgesogen haben und von alleine abfallen. Anschließend wir die Wunder versorgt. Es fühlt sich für den/die Patient*in wie ein Mückenstich an.
Nebenwirkungen der Blutegeltherapie
Neben einer Nachblutung können bei einer Blutegeltherapie auch Nebenwirkungen auftreten. Dazu gehören:
- lokaler Juckreiz
- Anschwellen der Wunde
- örtliche Lymphknotenschwellung
- gelegentlich lokale allergische Reaktion
Ein Blutegel darf nur einmal medizinisch angewandt werden. Ebenso ist eine Wiederverwendung am Patienten wegen einer nicht auszuschließenden Infektionsgefahr unzulässig.
Blutegelzucht: Leitlinien zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit
In Deutschland gibt es verschiedene Zuchtstationen für medizinische Blutegel, wie zum Beispiel die Biebertaler Blutegelzucht. Diese ist seit 2009 für die Aufzucht, Haltung und Vertrieb von pharmazeutischen Blutegeln zertifiziert und bietet auch Schulungen und Veröffentlichung von Fachinformationen an.
Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat Leitlinien zur Sicherung von Qualität und Unbedenklichkeit von Blutegeln in der Humanmedizin herausgegeben. Sie legen fest, dass Blutegel Arzneimittel gemäß § 2 Absatz 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) sind. Auch wir darin über die Infektionsrisiken aufgeklärt und sie enthalten Vorgaben, die bei der Blutegeltherapie zur Qualitätssicherung eingehalten werden müssen.
Die Mitteilung richtet sich an Blutegelzüchter, -vertreiber und Anwendern von Blutegeln. Züchter und Vertreiber werden außerdem dazu aufgefordert, dem Bundestinstitut Erfahrungsberichte zur Umsetzung der Leitlinie vorzulegen.
Kosten der Blutegeltherapie
Die Kosten der Blutegeltherapie sind individuell mit dem behandelnden Heilpraktiker/Arzt abzusprechen und direkt an diesen zu zahlen:
- 4 bis 6 Blutegel werden auf die Haut gesetzt.
- Kosten: etwa 20 bis 44 Euro pro Sitzung, plus Kosten für die Tiere.
- Das bezahlen die gesetzlichen Krankenkassen: u.a. Medikamente gegen Schmerzen und Entzündungen, Physiotherapie, Akupunktur, OP
Es gilt also als Selbstzahlerleistung. Im IGeL-Monitor wird die Blutegeltherapie als „tendenziell negativ“ eingestuft, da kein Nutzen, aber sogar geringe Schäden durch Nebenwirkungen analysiert werden konnten.
Blutegeltherapie und Tierschutz
Die Blutegeltherapie ist bei Medizinern umstritten. Auf der einen Seite stehen Blutegel unter Artenschutz, da sie im natürlichen Lebensraum rar geworden sind. Andererseits werden sie für eine einmalige Anwendung gezüchtet. Die Tiere für die Zucht dürfen nicht wiederverwendet werden. Sie müssen nach den Regelungen des Bundes und der Länder bei der Abfallentsorgung, insbesondere der Richtlinie über die ordnungsgemäße Entsorgung von Abfällen aus Einrichtungen des Gesundheitswesens entsorgt werden. Das bedeutet, dass die Blutegel wie zum Beispiel Einwegartikel der unmittelbaren Krankenversorgung entsorgt werden müssen.
Die Bibertaler Blutegelzucht hingegen ermöglicht nach der Blutegeltherapie die Rücknahme der Medizinischen Blutegel unter bestimmten hygienischen Voraussetzungen und entlässt diese nach einer 8-monatigen Quarantäne in einen sogenannten Rentnerteich.