Viele Mädchen und Frauen haben Catcalling schon einmal erlebt – manche sogar regelmäßig. Wir geben dir Tipps, wie du dich gegen die vermeintlichen Komplimente wehren kannst.
„Catcalling“ klingt niedlich, ist es aber nicht: Der Begriff bezeichnet verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum. Typische Beispiele für Catcalling sind
- hinterherpfeifen / -johlen
- auf das Aussehen bezogene „Komplimente“ wie „Geiler Arsch!“
- implizite oder explizite Aufforderungen zum Geschlechtsverkehr wie „Wie viel kostest du?“ oder „Heute schon was vor?“
- übergriffige Aufforderungen wie „Lächel doch mal!“
Einer Studie des Familienministeriums zufolge haben etwa 44 Prozent der befragten Frauen und 32 Prozent der befragten Männer schon einmal sexuelle Belästigung erfahren. Bei Männern geschieht dies demnach am häufigsten am Arbeitsplatz, bei Frauen dagegen durch Unbekannte in der Öffentlichkeit. Catcalling betrifft also mehrheitlich Frauen.
Schon gewusst? Verbale sexuelle Belästigung ist in Deutschland kein Straftatbestand. Nur in bestimmten Fällen gilt Catcalling als Beleidigung. Anders ist das beispielsweise in Frankreich, wo Catcalling seit 2018 mit Bußgeldern bis zu 1.500 Euro geahndet wird. Im vergangenen Jahr lief in Deutschland eine Petition mit dem Ziel, Catcalling hierzulande ebenfalls unter Strafe zu stellen. Sie wurde von über 69.000 Menschen unterstützt.
Catcalling ist kein Kompliment und du bist nicht schuld
Bevor wir dir konkrete Tipps geben, wie du dich gegen Catcalling zur Wehr setzen kannst, ein paar wichtige Dinge vorab:
- Du entscheidest als Betroffene:r, wann etwas für dich kein Kompliment mehr ist, sondern Catcalling. Zu zimperlich oder zu sensibel gibt es nicht.
- Du bist nicht schuld, wenn dich Catcalling trifft. Laut Etta Hallenga von der Frauenberatungsstelle Düsseldorf suchen viele Frauen den Fehler bei sich selbst. Hatte ich etwas Falsches an? War ich zu stark geschminkt? Hätte ich woanders hinsehen sollen? Dahinter steckt auch der Wunsch, dass man den eigenen Fehler beseitigen kann und in Zukunft sicher ist. Das funktioniert Hallenga zufolge bei Catcalling jedoch nicht. Wie bereits beschrieben, ist Catcalling kein Kompliment (auch wenn es manchmal so klingt). Dahinter steckt kein echtes Interesse an dir, sondern eine Machtdemonstration.
- Es gibt keine falsche Reaktion. Alle Situationen sind unterschiedlich, alle Menschen sind unterschiedlich. Insbesondere ist es schwer, in so einer bedrängten Lage besonnen zu handeln. Lass dir deshalb von niemandem vorwerfen, du hättest in einer Situation falsch reagiert. Verlasse dich auf dein Bauchgefühl.
So kannst du dich gegen Catcalling wehren
Hallenga und der Frauennotruf München geben Tipps, was du als Betroffene von Catcalling tun kannst:
- Die Belästigung ignorieren. Das kann funktionieren, kann für dich aber auch unbefriedigend sein.
- Zurückpfeifen, wenn jemand dir hinterherpfeift. Das überrascht die andere Person. Außerdem empfinden viele es als stärkend und beruhigend, die eigene Stimme zu hören.
- Sage der Person klar und deutlich, dass sie aufhören soll. Stelle jedoch keine Frage wie „Was soll das?“. Erstens gibt es darauf vermutlich keine zielführende Antwort und zweitens kann das wirken, als wolltest du mit der Person ins Gespräch kommen.
- Bei Catcalling aus Gruppen empfiehlt Hallenga, eine Person in der Gruppe gezielt zu kritisieren. Häufig fühlt sich die Person dann verunsichert.
Möglicherweise traust du dich, dich zu wehren, wenn andere Menschen in der Nähe sind. Das kann jedoch anders sein, wenn du alleine unterwegs bist. Fühlst du dich bedroht, rufe im Notfall die Polizei – lieber einmal zu oft als einmal zu wenig.
Tipp: In vielen Städten gibt es Instagram-Accounts wie „catcallsofmuc“ in München. Denen kannst du schreiben, wo und wie du belästigt wurdest. Die Aktivist:innen schreiben die Belästigung mit Kreide an den Tatort und veröffentlichen ein Bild davon auf Instagram. So bekommst die Öffentlichkeit das Catcalling mit.
Was tun, wenn du Zeug:in von Catcalling wirst?
Wenn du Catcalling als Außenstehende:r mitbekommst, solltest du nicht tatenlos zusehen. Der Frauennotruf München empfiehlt, die Tat zu benennen. Du musst dafür nicht den oder die Täter:in konfrontieren. Mache stattdessen die Öffentlichkeit auf den Vorgang aufmerksam, indem du zum Beispiel laut und deutlich „Das ist doch übergriffig!“ sagst. Du kannst dich auch direkt an andere Zeug:innen wenden und sie auffordern, ebenfalls Stellung zu beziehen („Was sagen Sie dazu?“).
Sicher nach Hause kommen
Trotz aller Tipps kann es passieren, dass du nachts alleine unterwegs bist und dir jemand hinterherläuft. Wenn du dich dann nicht traust, etwas zu sagen, ist das sehr verständlich. Stattdessen kannst du so tun, als würdest du telefonieren. Erwähne dabei deinen Aufenthaltsort, um den Anschein zu erwecken, jemand wisse darüber Bescheid.
Du kannst dich auch vom Heimwegtelefon (030 12074182) nach Hause begleiten lassen. Ein:e Mitarbeitende:r begleitet dich bis zu deiner Haustür und kann im Notfall die Polizei kontaktieren.