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Bifidobakterien: So nützlich sind sie wirklich

Bifidobakterien in probiotischen Lebensmitteln sollen unsere Darmgesundheit fördern. Wie gesund sie tatsächlich sind und was sie im Körper bewirken, erfährst du hier.

Unsere Verdauung ist ein hochkomplexes System. So befinden sich in unserem Darm etwa 100 Billionen Mikroorganismen. Sie wehren Krankheitserreger ab, stärken das Immunsystem und versorgen uns mit Kalorien aus Stoffen, die wir nicht selbst verdauen könnten. Experten:innen raten dazu, die Darmgesundheit zu stärken, um verschiedenen Krankheiten vorzubeugen und eine beschwerdefreie Verdauung zu ermöglichen. Bifidobakterien in Form von probiotischen Lebensmitteln sollen dabei helfen.

Wir erklären dir in diesem Artikel, wieso Bifidobakterien so gesund sind, was der aktuelle Stand der Forschung ist und worauf du beim Kauf von Bifidobakterien-haltigen Lebensmitteln achten solltest.

Bifidobakterien: Arten und Forschungsergebnisse

Die Darmflora eines Säuglings besteht zu etwa 95 Prozent aus Bifidobakterien. Wenn Menschen anfangen, sich von fester Nahrung zu ernähren, machen Bifidobakterien nur noch circa 25 Prozent der Darmflora aus. Die restlichen 75 Prozent teilen sich auf viele andere Mikroorganismen auf. Anteilig sind die Bifidobakterien dennoch die am häufigsten vertretenen Mikroben. Doch welche gesundheitlich positiven Effekte bringen die Bifidobakterien mit sich?

  • Bifidobakterien sind ebenso Milchsäurebakterien wie Laktobakterien. Sie werden aber häufig nicht genannt, obwohl sie die gleiche Fähigkeit besitzen: beide produzieren durch ihren komplexen Stoffwechsel Milchsäure. Diese sorgt im Darm für ein etwas saureres Milieu, welches schädliche Bakterien schwächt und deren Verbreitung behindert.
  • Bifidobakterien verdrängen pathogene Bakterien. Wie das gehen soll? In unserem Darm herrscht ein regelrechter Kampf von Mikroorganismen, um die Andockstellen an den Damzellen. Diese sind für die Bakterien zum Leben und wirken enorm wichtig. Wenn es Bifidobakterien schaffen, sich anzusiedeln, dann blockieren sie auf diese Weise, dass sich dort schädliche Bakterienstämme niederlassen können.
  • Bifidobakterien stellen regelmäßig die Aminosäure Tryptophan bereit, die ein essentieller Baustein für die Produktion von Serotonin ist. Das „Glückshormon“ beeinflusst maßgeblich unser seelisches Wohlbefinden. Tryptophan ist zwar auch in verschiedenen Lebensmitteln enthalten, aber durch die Bifidobakterien kann es autark dem Körper zur Verfügung gestellt werden.
  • Es gibt mehere Untersuchungen zu Zusammenhängen von Bifidobakterien und unserem Immunsystem. Wissenschaft Aktuell schreibt über eine koreanische Studie: Bifidobakterien verstärken die Produktion von Immunzellen in der Darmwand. Diese Immunzellen wirken entzündungshemmend. Dieses Wissen ist besonders bei entzündlichen Darmerkrankungen interessant.

Zu den Bifidobakterien zählen viele Unterarten, die sich durch kleine Andersartigkeiten unterscheiden. Die am häufigsten in probiotischen Lebensmitteln vokommenden Bifidobakterien-Varianten sind:

  • Bifidobacteria bifidum
  • Bifidobacteria longum
  • Bifidobacteria lactis subsp. animalis (subsp. bedeutet eine Unterart)
  • Bifidobacterium animalis
  • Bifidobacterium infantis

Die Forschung ist noch lange nicht an dem Punkt, an dem jedes spezielle Bifidobakterium bis vollständig untersucht worden ist. Die meisten Ergebnisse von Untersuchungen mit einer Unterart lassen sich bei anderen Forschungen mit anderen Bifidobakterien-Varianten ebenso finden. So ist zum Beispiel nicht nur das Bifidobakterium bifidus für das Eindämmen krankheitserregender Bakterien zuständig, sondern auch andere.

Das am häufigsten erforschte Bifidobakterium ist das B. animalis subsp. lactis. Eine Studie der Universität Heidelberg ist ein gutes Beipsiel dazu. Hier wurde bei Reizdarmpatient:innen festgestellt, dass verschiedene Beschwerden durch die Einnahme von Bifidobacteria lactis subsp. animalis gelindert werden konnten. Besonders die Symptome Blähungen und ein aufgeblähter Bauch konnten bei über 60 Prozent der Teilnehmenden verbessert werden. Weiterhin bestehen beispielsweise gesundheitliche Zusammenhänge dieses Bifidobakterienstammes mit der Gesundheit von Babys und einem gesunden Cholesterinspiegel bei Erwachsenen.

Bifidobakterien und eine gesunde Darmflora

Bifidobakterien sind unverzichtbar für eine gesunde Verdauung und ein gestärktes Immunsystem. Zusammen mit anderen wichtigen Darmbakterien beugen sie einer gestörten Darmflora vor. Laut Studien verschiedener Mikrobiomforscher:innen kann eine ungesunde Darmflora Adipositas, Diabetes oder Depressionen begünstigen.

Andere Krankheiten sind noch nicht genug erforscht, um genau sagen zu können, dass ein Ungleichgewicht der Darmbakterien der Auslöser für sie ist. Doch immer wieder wird in Versuchen beobachtet, dass es Zusammenhänge gibt. Beispielsweise soll bei chronischen Entzündungskrankheiten wie rheumatoide Arthritis, Schuppenflechte oder chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen häufig auch eine Dysbiose (gestörte Darmflora) involviert sein. Eine  Dysbiose kann sich durch eine Reihe von Symptomen bemerkbar machen: Blähungen, Krämpfe und Schmerzen im Bauch, chronischer Durchfall, Antriebslosigkeit, Müdigkeit oder auch eine Milchzuckerunverträglichkeit. Sogar Kopf-, Gelenk- und Muskelschmerzen können ein Zeichen sein.

Wichtig ist nicht viel von einigen schützenden Darmbewohnern zu haben: Laut dem Ärzteblatt sorgt eine hohe Diversität der guten Mikroorganismen im Darm für eine hohe Krankheitsresistenz. Bifidobakterien sind gut, schützen uns aber nicht allein.

Bifiobakterien aufnehmen durch Lebensmittel

Wenn du etwas für deine Darmflora tun möchtest, kannst du zu Lebensmitteln greifen, die Bifodobakterien enthalten. Dabei handelt es sich um sogenannte Probiotika. Das sind Nahrungsmittel und medizinische Präparate, die lebensfähige Mikroorganismen enthalten. Neben Bifidobakterien zählen dazu zum Beispiel auch Milchsäurebakterien und Hefen.

Vor allem tierische Milcherzeugnisse enthalten Bifidobakterien:

  • probiotischer Joghurt
  • Kefir 
  • Ayran
  • Buttermilch 

Weitere bifidohaltige Nahrungsmittel sind:

  • saure Gurken
  • Sauerkraut
  • milchsauer vergorene Bohnen und Möhren

Präbiotika dagegen sind unverdauliche Lebensmittelbestandteile, die den gesunden Bifidobakterien als Nahrung dienen. Sie fördern das Wachstum und die Aktivität der Bakterien im Dickdarm. Präbiotika sind zum Beispiel Ballaststoffe wie Inulin und Oligofruktose. Diese Stoffe kommen in vielen Gemüsesorten vor. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Zwiebeln
  • Knoblauch
  • Spargel
  • Topinambur
  • Porree
  • Artischocken

Kaufe diese Lebensmittel bevorzugt aus ökologischer Landwirtschaft und achte möglichst auf regional-saisonales Gemüse.

Sind Präparate mit Darmbakterien sinnvoll?

Probiotische Präparate, die Bifidobakterien und andere Mikroorganismen enthalten, sollen dabei helfen, die Darmflora zu stärken. Wenn die Darmflora jedoch einmal aus dem Gleichgewicht geraten ist, haben es gute Bakterien schwer sich zu etablieren. Die Neue Zürcher Zeitung berichtet von einer Forschungsgruppe des „Weizmann Institute of Sciences“, der es nur bei 30 bis 50 Prozent der Proband:innen gelang, probiotische Bakterien mithilfe von Präparaten im Darm anzusiedeln.

Eine weitere Studie aus dem Jahr 2021 weist darauf hin, dass probiotische Präparate sogar schädlich sein können, wenn wir sie gemeinsam mit Antibiotika einnehmen. So können die künstlich zugeführten Mikroorganismen eine Antibiotikaresistenz hervorrufen. Die eingenommenen Antibiotika sind dann wirkungslos.

Wer zu viele hochdosierte Probiotika-Präparate zu sich nimmt, riskiert eine Fehlbesiedelung von verschiedenen Bakterien, so Spektrum. Das kann Beschwerden, wie Konzentrationsprobleme, Blähungen und Magenschmerzen auslösen.

Doch es gibt auch positive Beobachtungen: Bei Proband:innen, die keine Antibiotika sondern nur Probiotika einnahmen, reduzierte sich in einem Versuch die Antibiotikaresistenz. Dafür muss es jedoch zunächst gelingen, die Mikroorganismen im Darm anzusiedeln. Wie das sicher gestellt werden kann und welche weiteren Effekte künstlich zugeführte Probiotika auf unseren Körper haben können, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt.

Bifidobakterien – Helfer oder Healthwashing?

Bifidobakterien und anderen probiotischen Bakterienstämmen sagen Unternehmen oft heilsame Eigenschaften nach. So preisen sie vor allem teure Drinks und Joghurtspeisen an, die mit zusätzlichen speziellen Bakterienstämmen angereichert sind. Laut Verbraucherzentrale sind derartige Werbeaussagen (über einzelne Produkte) wissenschaftlich nicht belegt und dürfen deshalb auch nicht für Lebensmittel verwendet werden. Zudem enthalten manche der Produkte, wie angereicherte Joghurt-Drinks, oft viel Zucker. Das macht die positive gesundheitliche Wirkung noch fragwürdiger.

Hinzu kommt, dass diese probiotischen Drinks in kleinen Plastikflaschen abgefüllt sind und somit viel Verpackungsmüll produzieren. Eine bessere Alternative sind zum Beispiel Bio-Naturjoghurts in wiederverwendbaren Gläsern. Schließlich enthält auch jeder normale Joghurt Mikroorganismen, die die Darmflora stärken können.

Die Verbraucherzentrale weist zudem auf die positive Wirkung von Sauermilchprodukten und milchsauer vergorenem Gemüse hin. Diese haben „einen günstigen Einluss auf die Darmflora und damit möglicherweise auch auf das Immunsystem.“

Zu einer darmfreundlichen Ernährung gehört jedoch noch viel mehr. Auf dem Speiseplan sollten unter anderem viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte stehen. Auch genug Flüssigkeit und Bewegung sind wichtig. Durch ein einziges teures Produkt am Tag wirst du langfristig jedoch keine ausschlaggebenden Effekte erzielen können.

Fazit: Wie gesund sind Bifidobakterien?

„Bei gesunden Menschen reicht in der Regel […] schon eine ausgewogene Ernährung mit Gemüse und Vollkornprodukten, um das Mikrobiom im Gleichgewicht zu halten“, sagt der Ernährungsmediziner Matthias Riedl in einem NDR-Interview. Du kannst also auch ohne künstlich hergestellte Präperate und angereicherte Lebensmittel gesund bleiben. Gerade hochdosierte Präparate mit Bifidobakterien können gegebenenfalls sogar einen negativen Effekt haben. Hole deshalb immer ärztlichen Rat ein, bevor du bestimmte Nahrungsergänzungsmittel in deinen Speiseplan integrierst.

Um der Darmflora erst gar nicht zu schaden, solltest du eine gesunde Lebensweise etablieren. Dazu gehört Stress zu meiden, möglichst wenig Antibiotika zu dir zu nehmen und Zucker und Alkohol nur in Maßen zu konsumieren. Und auch pro- und präbiotische Lebensmittel können dir dabei auf natürliche Weise helfen.