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Glucosamin und Chondroitin gegen Gelenkbeschwerden: Was du wissen musst

Sind Glucosamin und Chondroitin die Hilfe bei Gelenkschmerzen oder ist alles nur ein fauler Zauber? Hier erfährst du, was Mediziner und Verbraucherschützer dazu sagen.

Glucosamin und Chondroitin sind als Wirkstoffe umstritten

Präparate mit Glucosamin und Chondroitin versprechen Linderung, wenn die Gelenke überlastet sind und schmerzen. Die Mittel kannst du ohne Rezept unter anderem in Apotheken, Reformhäusern oder Supermärkten kaufen. Du erhälst dort meist Kombi-Produkte als Kapseln, Tabletten oder Pulver.

Dabei handelt es sich jedoch nicht um ein ärztlich zugelassenes Medikament, sondern um ein Nahrungsergänzungsmittel. Laut dem Europäischem Insitut für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sind das konzentrierte Nährstoffe, die die normale Ernährung ergänzen sollen. Für sie gilt die Lebensmittelverordnung. Arzneimittel unterliegen strengeren Auflagen und benötigen unter anderem eine spezielle Zulassung für jedes einzelne Land.

Für Glucosamin und Chondroitin lehnte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte die Zulassung ab. Beide Substanzen finden sich auf der Liste der „Versagungen und Rücknahmen“ von 2016.

Sind Glucosamin und Chondroitin gut für die Gelenke?

Das Problem mit Glucosamin und Chondroitin ist, dass sie theoretisch wirken könnten – nur konnte bislang noch keine Studie den zweifelsfreien Beweis erbringen.

Beide Substanzen kommen in dieser oder ähnlicher Form in den Gelenken vor.

  • Glucosamin: ein Baustein aus Zucker (Glukose) und Eiweißen, der in den Gelenken und der Gelenkflüssigkeit vorkommt.
  • Chondroitin oder auch Chondroitinsulfat: Der Körper bildet diese Makromoleküle, um Knorpelgewebe aufzubauen.

Die Knorpel liegen ähnlich wie ein Gelpolster zwischen den Gelenken. Sie verhindern so, dass Knochen aneinander reiben, wenn man sich bewegt. Fehlt der Schutz durch den Knorpel, spürt man jede Bewegung schmerzhaft. Durch die Reibung an den Knochen kann das Gelenk verwachsen und schließlich steif bleiben.

Die Abnutzung des Knorpels kann viele Ursachen haben. Ein Auslöser ist starke Belastung. Vor allem die Knie- und Hüftgelenke sind anfällig, wenn du sie über einen langen Zeitraum sehr stark beanspruchst. Medizinisch spricht man dann von einer degenerativen Gelenkerkrankung, einer Form der Arthrose.

Davon betroffen sind zum Beispiel:

  • Sportler, wie Fußballer oder Skifahrer.
  • Wer harte körperliche Arbeit leistet, beispielsweise Bauarbeiter oder Landwirte.
  • Wer Übergewicht hat, da das Körpergewicht die Gelenke belastet.
  • Angeborene Fehlstellungen, die du durch ungleiche Belastung der Gelenke ausgleichst.

Die Studien über Glucosamin und Chondroitin sind uneindeutig

Die Gelenkpräparate sollen das abgenutzte Knorpelgewebe gesund halten. Indem du Glucosamin und Chondoritin einnimmst, erhält dein Körper die beiden wichtigen Bausteine für die Gelenke. Allerdings ist es ein weiter Weg durch den Körper: Über den Magen und Darm müssen sie ins Blut gelangen, das sie dann zu dem erkrankten Gelenk transportiert.

Ist das überhaupt möglich? Diese Frage diskutieren Experten seit mehreren Jahren kontrovers. Die Studien geben dazu keine zweifelsfreien Antworten.

  • Die Pharmazeutische Zeitung berichtete 2002, dass der Darm Glucosaminsulfate aus den Präparaten gut aufnimmt. Mehrere Studien zeigten, dass die Beschwerden durch Arthrose (englisch auch Osteoarthristis) bei den Patienten abnahmen. Über einen Zeitraum von mehreren Jahren baute sich der Knorpel geringfügig langsamer ab, als in der Vergleichsgruppe ohne Wirkstoffe. Im Vergleich zu herkömmlich verwendeten Medikamenten wirkten die Präparate jedoch bestenfalls gleich.
  • Das Ärzteblatt hielt achte Jahre später die Wirkung der Präparate für zu gering, um Arthose wirkungsvoll zu behandeln. 2010 wertete eine Expertengruppe die vorhandenen Studien aus. Nur zehn Studien entsprachen aus ihrer Sicht den unabhängigen wissenschaftlichen Kriterien. Sie konnten nicht nachweisen, dass die beiden Mittel auch dorthin gelangen, wo der Knorpel abgenutzt ist. Das stellte die vorher berichtete Wirkung der Präparate wieder in Frage.

Die US-Amerikanische Gesundheitsbehörde fasst die Ergebnisse der internationalen Forschung zusammen.

  • Glucosamin: Die Frage, warum einige Studien dem Mittel eine Wirkung zuschreiben und andere keine Besserung sehen, bleibt ungelöst. Wissenschaftler vermuten, dass es an der Qualität oder der Dosierung liegen könnte. Hier müssen weitere Forschungen Klarheit schaffen.
  • Chondroitin: Seriöse Studien konnten bislang keine Wirkung bei Arthrose feststellen.

Glucosamin ist nicht ohne Risiko

Präparate mit Glucosamin und Chondroitin gelten im allgemeinen als gut verträglich, was die Nebenwirkungen anbelangt. Stiftung Warentest nennt als mögliche Nebenwirkungen Übelkeit, Verstopfung oder Durchfall. Auch Kopfschmerzen oder Müdigkeit können auftreten.

Allerdings gibt es noch andere gesundheitliche Risiken. Die Verbraucherzentrale fordert daher für Nahrungsergänzungsmittel eine Meldestelle zu Risiken und Nebenwirkungen. Die Hinweise über Risiken sollte der Gesetzgeber regeln.

  • Wechselwirkungen: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt vor einem Gesundheitsrisiko, wenn du Glucosamin zusammen mit Medikamenten zur Blutverdünnung einnimmst, den Cumarin-Antikoagulanzien. Glucosamin hemmt die Blutgerinnung und verstärkt so die Wirkung des Medikaments. Es kann zu Blutungen kommen. Informiere auf jeden Fall deinen Arzt und überprüfe häufiger als sonst die Werte der Blutgerinnung.
  • Diabetes und Glukoseintoleranz: Die Verbraucherzentrale berichtet, dass Glucosamin den Blutzucker beeinflusst. Wenn du an Diabetes erkrankt bist, solltest du deinen Zuckerspiegel im Blut genau beobachten. Die enthaltenen Glukosezucker können dir zu schaffen machen, wenn du empfindlich auf Glukose reagierst.
  • Allergien: Laut der Verbraucherzentrale besteht ein Allergierisiko, wenn du auf Fisch oder Schalentiere wie etwa Krebse allergisch regierst.
  • Weitere Risiken: Stiftung Warentest sieht auch ein Risiko durch die Präparate bei Asthma. Außerdem soll sich Glucosamin nachteilig auf den Cholesterinspiegel auswirken können. Die Mittel könnten somit Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigen.

Achtung: Das BfR rät in einer aktualisierten Stellungnahme von 2018 Schwangeren und Stillenden sowie Jugendlichen von Chondroitin in isolierter Form ab.

Glucosamin und Chondroitin sind Wirkstoffe ohne (Werbe-) Wirkung

Die Verbraucherzentrale prangert die „Geschäftemacherei“ mit den Gelenken an. Präparate mit den beiden Inhaltsstoffen sind unter anderem im boomenden Geschäft mit Fitnessernährung beliebt. Aus dem Marktcheck der Verbraucherschützer ging hervor, dass vor allem der Onlinehandel seine Produkte mit unerlaubten Slogens anpreist.

  • Hersteller dürfen nicht mit Glucosamin und Chondroitin als Gelenknährstoff werben.
  • Auch Aussagen, dass die Präparate die Gelenkfunktion erhalten oder Abnutzungen vorbeugen sind nicht erlaubt. Dem BfR zufolge fehlen für solche Angaben die wissenschaftlichen Belege. Fast alle Studien beziehen sich auf die Behandlung von Arthrose. Die Wirkung bei gesunden Menschen sind meist nicht dokumentiert.

Die Verbraucherzentrale berichtet, dass Hersteller sich mit einem Trick behelfen. Indem sie Vitamin C oder Zink in die Präparate geben, erlaubt der Gesetzgeber Werbeaussage zur Gesundheit der Knochen oder Knorpel.

Trotzdem haben beide Wirkstoffe eine Fangemeide, wie auch aus den Kommentaren eines kritischen Artikels im Ärzteblatt hervorgeht. Mehrere Leser berichten, dass durch die Mittel ihre Beschwerden abnahmen. Ein amerikanischer Arzt schreibt im Harvard Health Magazin pragmatisch: Wenn seine Patienten Glucosamin und Chondroitin einnehmen wollen, überlässt er ihnen die Entscheidung – solange sie die Mittel gut vertragen.